photographed 2016 by Ralf Riemer
photographed 2016 by Ralf Riemer

 

Fische in

 

temporären

 

Wasser-

 

ansammlungen

 

Der Schwarze Fächerfisch kommt aus Südamerika. Dort hat er sich als sogenannter Saisonfisch Lebens-räumen anpassen können, in denen die Gewässer von Zeit zu Zeit austrocknen und sich nach Regenperioden temporär wieder mit Wasser füllen. Auf derartige Lebensräume hat sich dieser Fisch sogar so sehr spezialisiert, dass er nicht mehr in der Lage ist, sich in ganzjährig gleichmäßig Wasser führenden Gewässern zu vermehren.

 

Da die Regenperioden sehr kurz sein können, hat der Schwarze Fächerfisch nicht viel Zeit sich zu vermehren. Die revierbildenden Männchen laichen jeden Tag stundenlang mit den bei hohem Futterangebot immer laichbereiten Weibchen ab. Dabei tauchen beide Fische vollständig in weiche Stellen des Bodengrundes ein. Dieser besteht zumeist aus abgestorbenen Pflanzenteilen und einer lockeren Humusschicht. Der Schwarze Fächerfisch wird nun bei fallenden Wasserständen so lange laichen, wie es irgend geht und somit den gesamten Gewässerboden mit unzähligen Eiern bestücken. Schon bald wird er dann von Vögeln aus seinen Restpfützen heraus geholt werden, oder er wird wenig später einfach vertrocknen.

 

Zuerst ist es dort, wo vor wenigen Wochen noch die Schwarzen Fächerfische ihre stundenlange, so eindrucksvolle Balz um ihre Weibchen begingen, noch ein wenig matschig, aber die Sonne lässt unaufhörlich Feuchtigkeit verdunsten, so dass man nach einigen Wochen schon mit den Fingern ein wenig kratzen muss, um die im Boden verbliebene Restfeuchte noch spüren zu können.

 

Aber schon zu Beginn des Eintrocknens, sobald in den noch gut feuchten Laubboden atmosphärischer Sauerstoff eindringt, erreicht dieser auch die Eier des Schwarzen Fächerfisches. Erst jetzt beginnt sich ein großer Hauptanteil der Eier zu entwickeln. Ein kleiner Reserveanteil der Eier wird sich aber, als würde er schlafen, nicht entwickeln. Wenn sich in den meisten Eischalen nach etwa 3 Monaten schlupffertige Fischlarven entwickelt haben, beginnt für die kleinen Larven eine unbestimmte Zeit des Wartens. Aber auch der kleine Reserveanteil unentwickelter Eier muss nun warten. Warten auf den Regen - auf den großen Regen! Während dieser Zeit atmen die kleinen unaufhörlich durch ihre sauerstoffdurchlässigen Eihüllen.

 

Wenn dann nach vielen Monaten endlich ein Tag kommt, an dem der Regen auf das Land prasselt, wird das Wasser sich wieder an jener Stelle sammeln, an der sich vor langer Zeit die prachtvollen Männchen des Schwarzen Fächerfisches mit ihren Weibchen dem unermüdlichen, so eindrucksvollen Paarungsspiel hingaben. - Das Wasser dringt in jeden Quadratmillimeter des Erdbodens ein und die atmosphärische Sauerstoffzufuhr an jede Eihülle wird unterbrochen. Das ist der Moment, auf den die vielen kleinen Fächerfischlarven gewartet haben. Sie sprengen ihre vom Wasser aufgeweichten Eihüllen, zappeln sich durch die lose, noch vom Regen aufgewühlte Humusschicht nach oben durch das noch flache Wasser bis an die Wasseroberfläche und füllen ihre Schwimmblasen mit Luft.

 

Am nächsten Tag, wenn es aufgehört hat zu regnen und die Wasserstände weiter angestiegen sind, sieht man an der Oberfläche unzählige kleine 3 bis 4 mm große Fächerfische, die schon eifrig kleinsten Tierchen hinterher stellen. Diese Tierchen sind unter anderem Rädertierchen und Cyclopsnauplien, die die Trockenzeit auch mit Eiern überbrückt haben, und jetzt als Erstfutter unabkömmlich sind.

 

Jetzt kann man den Fächerfischen beim Wachsen zuschauen. Das Wachstum nimmt bei Temperaturen über 20°C und üppigem Nahrungsangebot eine enorme Geschwindigkeit an. Schon nach 4 bis 6 Wochen hätten sich die Männchen schwarz gefärbt und hätten ihre stundenlange, so eindrucksvolle Balz um ihre Weibchen beginnen können, wie vor vielen Monaten ihre Väter an gleichem Ort, bis die Trockenheit dem Spiel erneut ein Ende gesetzt hätte. Aber das Wetter ist unberechenbar, und so hatte es nicht lange genug geregnet. Bereits nach 3 Wochen, kurz vor der Geschlechtsreife der Fächerfische, war die Senke wieder austrocknet. und alle kleinen Fächerfische sind den Vögeln zum Opfer gefallen!

 

Aber das ist nicht das Ende! Erneut lässt die Sonne unaufhörlich Feuchtigkeit verdunsten, es dringt abermals atmosphärischer Sauerstoff in den Bodengrund ein und erreicht dieses Mal nur noch den kleinen Reserveanteil derjenigen Eier, die sich zu Beginn der letzten Trockenperiode nicht haben entwickeln wollen. Sobald sich nun auch in den meisten Eischalen der Reserveeier nach etwa 3 Monaten schlupffertige Fischlarven entwickelt haben, beginnt abermals eine unbestimmte Zeit des Wartens. Warten auf den Regen, - auf mehr Regen als beim letzten Mal!

 

Wenn dann irgendwann nach Wochen, vielleicht auch erst nach Monaten endlich wieder ein Tag kommt, an dem der Regen auf das Land prasselt, wird das Wasser sich erneut an jener Stelle sammeln, an der vor diesmal noch längerer Zeit die prachtvollen Männchen des Schwarzen Fächerfisches ihre stundenlange, so eindrucksvolle Balz um ihre Weibchen veranstalteten. - Das Wasser dringt in jeden Quadratmillimeter des Erdbodens ein und die Sauerstoffzufuhr an jede der wenigen verbliebenen Eihüllen wird abermals unterbrochen. Nun endlich sprengen die wenigen schlupffertigen Fischlarven der Reserveeier voller Hoffnung ihre eingeweichten Eihüllen, zappeln sich durch die lose, noch vom Regen aufgewühlte Humusschicht nach oben durch das noch flache Wasser bis an die Wasseroberfläche und füllen ihre Schwimmblasen mit Luft.

 

Am nächsten Tag, wenn es aufgehört hat zu regnen und die Wasserstände weiter angestiegen sind, sieht man sie wieder, die kleinen 3 bis 4 mm großen Fächerfische. Es sind längst nicht mehr so viele wie beim letzten Mal, aber sie fressen eifrig und sie sind voller Zuversicht, dass sie älter werden als ihre Geschwister, denen die Trockenzeit Monate zuvor ein jähes Ende bereitet hatte. Und wieder beginnt ein Wettlauf mit der Zeit. Während man den Fächerfischen beim Wachsen zuschauen kann, sinkt der Wasserstand von Tag zu Tag. Nach 4 bis 6 Wochen haben sich die Männchen schwarz gefärbt und es ist diesmal immer noch genug Wasser vorhanden um mit der eindrucksvollen Balz um ihre Weibchen beginnen zu können. Nun werden sie am Tage jede Minute nutzen, um den Boden mit unzähligen Eiern zu bestücken wie vor vielen Monaten ihre Väter an gleichem Ort, bis die Trockenheit dem Spiel erneut ein Ende setzt.

Ralf Riemer

November 1996

 

überarbeitet am 16. September 2016